Ungekürzte
Fassung des RNZ Interviews zum 70. Geburtstag von Herrn Prof. Dr. Hans
Werner Meuer am 07. Juni 2006
Ein Daisbacher, der auf der ganzen Welt zu Hause ist Besuch
beim Supercomputerexperten Von
Winfried Glasbrenner Waibstadt-Daisbach.
Professor Dr. Hans Werner Meuer von der Universität Mannheim ist Geschäftsführer
der Prometeus GmbH, seit 1986 Leiter der ‚International Supercomputer
Conference’ und ein international anerkannter Supercomputerexperte. Seit
32 Jahren wohnt Professor Meuer in Daisbach. Anlässlich seines heutigen
70. Geburtstags hat die RNZ ein Gespräch mit ihm geführt. Frage:
Herr Prof. Meuer, Sie beschäftigen sich seit vielen Jahren vornehmlich mit so genannten Supercomputern und organisieren
mit Ihrer Firma Prometeus die 21. Internationale Supercomputerkonferenz
ISC2006, die Ende Juni erstmalig in
Dresden stattfindet. Können Sie dem interessierten „Laien“ erklären,
was Supercomputer sind und um was für eine Veranstaltung es sich bei der
ISC handelt? Prof.
Meuer (HWM): Als
Supercomputer
werden Hochleistungsrechner
bezeichnet, die zum Zeitpunkt ihrer Markteinführung
im obersten
realisierbaren Leistungsbereich operieren. Der erste Supercomputer vor
genau 30 Jahren war die Cray1 – entwickelt von dem legendären Computer-
Architekt Seymour Cray und
nach ihm benannt. Die Leistung dieser Cray1 lag bis zu zwei Größenordnungen
über den damals üblichen Universalrechnern von IBM. Heute übertrifft
allerdings ein ganz normaler PC die Leistung dieser Cray1 um etwa den
Faktor 30. Der
derzeit leistungsstärkste Supercomputer in der Welt steht beim Lawrence
Livermore National Laboratory in den USA
und weist eine um den Faktor 200 Millionen größere Leistung als
der erste Supercomputer vor 30 Jahren auf. Die Herstellungskosten eines
Supercomputers der obersten Leistungsklasse liegen derzeit im sehr hohen
zweistelligen, oftmals bereits im dreistelligen Euro – Millionenbetrag. Der
Einsatzbereich solcher Supercomputer
ist die Forschung – z. B.
Biologie, Chemie, Geologie, Physik. Simulationen auf diesen Supercomputern
ergänzen dabei ganz wesentlich die Theorie und das Experiment. Aber auch
die Industrie setzt diese Supercomputer ein. Um ein Beispiel aus
dem Sicherheitsbereich von Automobilen zu geben: Dort werden
z.B. Crashtests im
Supercomputer simuliert, anstatt
den schönen Porsche gegen die Wand zu fahren. Die Filmindustrie – um
ein außergewöhnliches Beispiel aufzuzeigen, bedient sich neuerdings
verstärkt dieser Supercomputer, Filme wie z.B. Shrek2 von DreamWorks
Animation werden mit Hilfe von Supercomputern produziert. Nun
zum zweiten Teil Ihrer Frage: Die
ISC2006 Conference ist aus
dem Supercomputer Seminar an der Universtät Mannheim im Jahre 1986
entstanden. Am Anfang waren wir ein Forum für die Supercomputer
Interessenten aus Deutschland und zwar für Teilnehmer aus Universitäten, Forschungsinstituten und
der Industrie. Wir hatten typischerweise so um die 80 bis 100 Teilnehmer.
Aus diesem Seminar hat sich im Laufe der Jahre die Internationale
Supercomputer Conference ISC entwickelt, die nunmehr die größte und
bedeutendste Conference auf diesem Gebiet in Europa und nach den SC - Conferences in USA die
zweitgrößte Conference auf der Welt ist. Im Juni in Dresden erwarten wir
mehr als 700 Teilnehmer aus
der ganzen Welt, wir haben dort eine zur Conference begleitende
Internationale Ausstellung
mit über 70 Ausstellern Frage:
Nach Ihrem Studium der Mathematik und Physik haben Sie nicht das
Referendariat angetreten und sind Lehrer geworden, sondern kamen mit den
ersten Rechnern in Berührung. Wie haben Sie die Entwicklung von Computern
miterlebt? HWM
: Mein
erstes Programm habe ich 1962 für die ZUSE Z23 im Rahmen meiner
Staatsexamensarbeit an der Universität Gießen geschrieben, also auf
einem Computer der ersten Generation. Bei der KFA in Jülich habe ich die
Datenverarbeitung von Anfang an mit aufgebaut. Das war für mich ein
ausgesprochener Glücksfall. Die IBM /360 - 75 mit 768 KB Hauptspeicher
war dort unser erster Rechner in der zweiten Hälfte der 60er Jahre, ein System der zweiten Generation. Für den Ausbau
um weitere 256 KB musste damals ein Vorstandsbeschluss der KFA
her, dieser Kernspeicher (1/4 MB) kostete
ca. 1 Million DM ! Jetzt
- 40 Jahre später - bekommen Sie einen PC inklusive 2024 MB
Hauptspeicher für 700 Euro. Ich
habe die gesamte Entwicklung von Computern miterleben dürfen, habe an der
Uni in Mannheim den ersten PC, einen Apple IIe, angeschafft. Von einer
Siemens 4004/151 (3.Generation) in
Mannheim mit den Wahlhochrechnungen für das ZDF bis zu den Supercomputern
war es ein weiter und langer, aber auch ein sehr schöner Weg… Frage:
Sie wohnen seit 32 Jahren in dem kleinen Dorf Daisbach und haben sich im
Gegensatz zu vielen „Zugezogenen“ in Vereinen, wie im Sportverein als
2. Vorsitzender engagiert, waren Mitbegründer der „Daisbacher Wählergemeinschaft“
und Mitglied des Ortschaftsrats. Was waren Ihre Beweggründe, in den
Kraichgau zu ziehen, ist es Ihnen hier nie zu „eng“ geworden? HWM
: Daß
ich in Daisbach gelandet bin, war eher ein Zufall. Da ich als
Familienvater das Wohnen als Untermieter in Mannheim mit den notwendigen
Wochenendfahrten nach Jülich schon nach nur wenigen Wochen leid
war, habe ich in der RNZ mal eine Annonce gefunden, die mich angesprochen
hatte: Da wurde ein Haus zur
Miete in Daisbach bei Heidelberg (!) zu einem recht günstigen Preis
angeboten. Ich habe mir das dann angesehen, und nachdem auch meine Frau
ihre Zustimmung gegeben hatte, sind wir
unter dem Fußballplatz in dieses Haus eingezogen. Die Kinder waren sofort
im Sportverein angemeldet, und
auch ich habe noch in der 2.Mannschaft und bei den Alten Herren
mitgespielt, bis ich nach einem Meniskusschaden in Zaisenhausen dann ganz
das Fußballspielen aufgeben mußte. Übrigens habe ich mal in meinen
besten Zeiten in der Universitätsmannschaft von Gießen und im MTV Gießen
in der 2. Amateurliga gespielt, da war ich aber knapp 20 Jahre jünger. Richtig
wohl haben wir uns dann in Daisbach gefühlt, nachdem wir unser eigenes
Haus im Jahr 1978 bezogen haben. Wir schätzen es sehr
in Daisbach zu Frage:
Vor 10 Jahren haben Sie bei der Gründung des Vereins „Internetfreunde
Daisbach“ mitgewirkt. Die Initialzündung
geschah durch Ihren öffentlichen Vortrag in Daisbach
über das Internet mit
vielen praktischen Online-Demonstrationen. Die damals „Kleinste Gemeinde
im Internet“ Daisbach hatte dann schon früh eine eigene Homepage. Mit
dem Mannheimer OB Widder haben Sie einen der Wegbereiter des
Interneteinsatzes in den Kommunen zu einer viel beachteten öffentlichen
Präsentation in die Daisbacher Turnhalle gebracht. Sie haben wichtige
Impulse bei der Einführung
des Internet für die Universität und für die Stadt Mannheim gegeben.
Wie schätzen Sie die Bedeutung des Internet derzeit ein ? HWM
: Ohne
Internet geht heutzutage eigentlich nichts mehr, die Bedeutung des
Internet kann gar nicht hoch
genug eingeschätzt werden.
Lassen Sie mich das am Beispiel meiner Firma Prometeus erläutern: Wir
sind eine Internetfirma in dem Sinne, dass alle Mitarbeiter verteilt über
Deutschland und die Welt arbeiten, in Daisbach, in Celle, in Heidelberg,
in Ladenburg, in Mannheim, in Berlin, in Dresden, in Berkeley (USA), in
Montreal (Canada) und in Kiew
(Ukraine). Wir stehen in ständiger Kommunikation, meistens über Email,
aber auch über Internet - Telephonie. Alle sind wir Einzelkämpfer, da
vergesse ich dann schon mal, dass ich meine Frau, die für mich die größte
Unterstützung in der Firma ist, eigentlich auch mal in ihrem Büro in
unserem Haus aufsuchen könnte und ihr keine Email senden muß. Frage:
Sie halten Vorträge in den USA, Japan, Neuseeland und
China, sind viel in der Welt unterwegs und werden zu Interviews für
auflagenstarke Computer - Fachzeitschriften oder vor 9 Jahren für die
Wochenzeitschrift „DIE ZEIT“ gebeten. Ende 1996 waren Sie
Interviewpartner von Nina Ruge in der ZDF Sendung‚ heute Nacht’. 1998
haben Sie mit Ihrem Mannheimer Team, verstärkt durch weitere Experten aus
Baden Württemberg, das Königreich Saudi Arabien ans Internet
angeschlossen. Wie kam es zu diesem Projekt und wie ist es abgelaufen? HWM
: Bis
1998 war das Koenigreich Saudi Arabien im Internet nicht vertreten. Per königlichem
Dekret wollte sich das Land jedoch dem Netz der Netze öffnen. Zur
Realisierung des Projektes suchte das Land kompetente Partner und hat sich
nach einer internationalen Ausschreibung für die Deutsche Gesellschaft für
Technische Zusammenarbeit (GTZ) und das Rechenzentrum der Universität
Mannheim (RUM) entschieden. Die beiden Institutionen kooperierten schon
seit längerem in anderen Projekten miteinander und boten so neben ihrer
Kompetenz auch die Gewähr führ einen reibungslosen Ablauf. Unter meiner
Leitung wurde ein Team zusammengestellt, bestehend aus Mitarbeitern des
Rechenzentrums der Uni Mannheim, sowie weiteren Experten aus Baden-Württemberg,
das die Einführung von Internetdiensten im Königreich Saudi Arabien
planen und begleiten sollte Das
Basis- Projekt wurde nach einer
Laufzeit von einem Jahr
erfolgreich abgeschlossen. Die größte Herausforderung war bei diesem
Projekt, dass man auf jegliches Bier dort wirklich verzichten musste. Oder
würden Sie Ihr Leben für ein Bier hergeben ? Frage:
Heute werden Sie 70 Jahre
alt, haben oft einen 12 -Stunden Arbeitstag und sind Chef einer Firma mit
8 festangestellten und einer
Reihe freier Mitarbeiter. Vor dem Interview beispielsweise saßen Sie
schon seit 6.30 Uhr vor dem PC und waren natürlich mit dem Internet verbunden. Wie
schaffen Sie das alles, wie halten Sie sich fit, haben Sie noch Zeit für
ein Privatleben? HWM
: Meine
Hauptmotivation ist die Freude an meiner Arbeit, die ich nach wie vor
liebe. Was
kann mir denn Besseres passieren, als in einem Team motivierter junger
Mitarbeiter/Innen noch
wirklich etwas bewegen zu können
? Dafür bin ich dankbar. Den
Fußballsport kann ich natürlich
nicht mehr aktiv ausüben, aber das Interesse am Fußball ist weiterhin
da. Ab und zu besuche ich in
Hoffenheim ein Regionalligaspiel. Die kommende WM in Deutschland werde ich
im Fernsehen mit großem Interesse verfolgen. Den
lange Zeit von mir sehr gerne und erfolgreich ausgeübten Schachsport -
mit 18 Jahren war ich Vereinsmeister beim hessischen Mannschaftsmeister SK 1858 Gießen,
mit 20 Jahren war ich Stadtmeister von Marburg - habe ich aus
Zeitgründen leider drangeben müssen. Schach ist sehr aufwendig, wenn man
es erfolgreich betreiben will. Und Schach ist ja nichts für die körperliche
Fitness. Ich verfolge aber
alle wichtigen Turniere wie derzeit die Schacholympiade in Turin im
Internet und spiele schon mal gegen mein Schachprogramm Fritz 9,
allerdings ohne großen Erfolg. Ich
habe aber ein neues Hobby, das wunderbar für meine körperliche Fitness
ist: Nordic Walking. Wenn es irgendwie geht, mache ich das zwei - bis
dreimal pro Woche, jeweils eine Stunde. Richtige
Entspannung finden meine Frau und ich, wenn wir in unserem Haus bei Herr
Professor Meuer, die RNZ dankt Ihnen für dieses Gespräch und gratuliert
Ihnen sehr herzlich zu ihrem heutigen Geburtstag. Zur
Person Links:
ISC2006 http://www.isc2006.org/
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